Team-Building und Team-Entwicklung in Reinkultur
Im Sommer 2024 durfte ich ein ganz besonderes Team-Projekt verantworten. Ich wurde zur offiziellen Ballkids Managerin vom Laver Cup berufen.
Der Auftrag lautete:
“Stell ein Team aus Coaches zusammen und wähle mit ihnen zusammen aus 400 Kids die 24 besten aus. Forme aus diesen dann ein Team, das am Laver Cup Wochenende vor 15.000 Menschen in Perfektion performt.”
Exkurs: Falls du vom Laver Cup noch nie gehört hast. Er wurde vor 7 Jahren von Roger Federer ins Leben gerufen und ist ein ganz besonderes Team Event, bei dem die besten Tennisspieler im Team gegeneinander antreten. Team World gegen Team Europe. Das Turnier findet einmal im Jahr statt, jeweils abwechselnd in Europa und außerhalb Europas. Vom 19.-22. September sollte das Turnier in Berlin stattfinden. Ein “Once in a lifetime” Event also.
Challenge accepted.
Mir war im ersten Moment noch nicht bewusst, wie sehr es sich hier um ein Team-Entwicklungs und Team-Building Projekt handelt. Primär liebte ich den Gedanken ein Teil des Laver Cups zu sein.
Es sollte sich herausstellen, dass es Team-Building in Reinkultur war und der Unterschied zu Teamentwicklungs-Projekten im Business marginal. Dieser Artikel ist darauf ausgerichtet genau das zu transportieren. Da mich Tom Ingwerson, mein geschätzter Videograf, begleitet hat, bekommst du bestmögliche Einblicke mit Bild und Ton.
Hast du dir schon mal die Frage gestellt, welchen Stellenwert Ballkinder bei einem Profiturnier haben? Sie sind die stillen Stars, die idealerweise nicht auffallen. Je weniger sie auffallen, desto besser machen sie ihren Job. Und dennoch gilt – ohne sie läuft nichts.
Sie treten in einer Choreografie auf den Platz. Jeder Handgriff ist geplant. Jede Bewegung muss sitzen. Schließlich sind Tausende von Augen auf die gerichtet. Es geht nicht nur darum Bällen hinterher zu laufen und Bälle über den Platz zu rollen, nur um sie dann den Profis zuzuwerfen.
Ballkinder arbeiten in Perfektion im Team. Ein Zahnrädchen geht ins nächste Über. Jedes Kind ist hellwach und weiß zu jeder Zeit, was am Platz passiert und was als nächstes zu tun ist. Nur als Team können sie ihren Job erledigen. Ein gutes Ballkinder.Team lebt psychologische Sicherheit. Sie übernehmen Verantwortung und schenken einander Vertrauen. Sie haben ein gemeinsames Ziel und eine klare Rollenverteilung.
Ballkinder sind ein High Performance Team. Das wurde mir schnell klar. Doch wie kommt man da hin, wenn am Anfang 400 fremde Kinder stehen?
Ich nehme dich mit auf die Reise, auf die “Ballkids Journey to Laver Cup”, die uns von den Try Outs im Juli über die Trainings-Einheiten im August und September bis hin zum Laver Cup vom 19.-22. September führt.
Die Basis für den Erfolg war das Coach Team.
Zunächst habe ich ein 15-köpfiges Coach Team zusammengestellt. Diese 15 Coaches waren quasi mein Führungsteam. Mit ihnen zusammen habe ich ein Auswahlverfahren entwickelt und einheitliche Auswahlkriterien definiert, um aus 400 Kids an den beiden Auswahltagen die 24 besten Kids auszuwählen.
What a challenge. Diese Herausforderung haben wir sehr ernst genommen. Schließlich war es der Traum ALLER Kids beim Laver Cup dabei zu sein. Jedes Kind hatte nur eine 6% prozentige Chance genommen zu werden. Deshalb war es uns auch ein großes Anliegen, ein spannendes und unvergessliches Spektakel zu bereiten, so dass auch die Kids, die es nicht schafften, sich mit Freude an die Try Outs erinnerten.
Die Try Outs glichen einem Recruiting-Prozess.
Hart aber fair.
Das Erfolgsrezept des Führungsteam war simpel. Und doch sieht man diese Zutaten viel zu selten in Teams:
- Die Coaches hatten alle Lust auf den Job
- Sie waren sich ihrer Verantwortung bewusst
- Es gab klare Vorgaben und ein einheitliches Verständnis hinsichtlich der Auswahlkriterien
- Jeder kannte seinen Handlungsspielraum
- Wir hatten ein gemeinsames Ziel
- Wir haben für mega gute Stimmung im Team gesorgt und sind offen und ehrlich miteinander umgegangen
Es liest sich jetzt so super easy. Was hatten wir aber für hitzige Diskussionen, als klar wurde, wie schwer die Auswahl ist. Schnell sind Situationen entstanden, dass bspw. der eine Coach die von ihm gesichteten Kids besser fand als die anderen. Hierbei die Objektivität zu behalten war nicht einfach. Vielleicht sogar unmöglich. Dann war da noch der Fall, dass ein Coach ein Kind kannte und es deshalb dabei haben wollte. Da galt es sich auf unsere standardisierten Auswahlkriterien zurückbesinnen und fair zu bleiben.
Am Ende haben wir den Recruitingprozesses maximal transparent gehalten. Es gab keine gesetzten Kids. Gar Kader-Spieler des DTBs, haben es nicht durch unseren Auswahlprozess geschafft. Dafür haben wir viel Wert auf Vielfalt gelegt.
Diversity rulez!
Am Ende hatten wir eine super bunte Mischung:
- 12 Jungs und 12 Mädels
- Im Alter zwischen 12 bis 16 Jahre
- aus ganz Deutschland und ein Kind aus Polen (somit war unsere gemeinsame Sprache Englisch)
- Der Kleinste war 1,50m der Größte war 1,90m
- ein Kind spielte selbst kein Tennis, sondern kam aus dem Handball-Sport
Die Freude war riesig bei denen, die es geschafft hatten. Die Trauer, bei denen, die es nicht geschafft hatten umso größer. Hier galt es die richtigen Worte zu finden, fair und klar zu kommunizieren.
Training makes peRFect!
Für das Trainer-Team und mich galt es die 24 ausgewählten Kids jetzt fit zu machen für den großen Auftritt. Es standen 4 Trainingseinheiten auf dem Programm. In diesen 4 Einheiten war unser Ziel:
- den Kids die Ballkids Basics beizubringen (und die sind nicht zu unterschätzen!)
- aus den Kids ein eingeschworenes Team zu formen
- die Kids mental auf ihre Performance vor 15.000 Menschen vorzubereiten
Nach dem ersten Training kamen kurz Zweifel auf, ob uns die verbleibende Zeit reichen würde, um ein wahres High Performance Team zu formen. 4 Trainingseinheiten à 2 Stunden sind wahrlich nicht viel. Das führte dazu, dass wir Hausaufgaben rausgaben. In unserer WhatsApp Gruppe ging es ab dann heiß her. Wir haben gespürt wie wichtig es den Kids ist, eine Top Performance hinzulegen. Die wollten schließlich auch eine gute Figur abgeben.
Stell dir mal vor, der Druck, der auf einem 12 Jährigen Kind lastet, wenn es vor 15.000 Menschen in der Halle und Zig Millionen vor dem Fernsehen auftritt. Unvorstellbar. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.
Die Lernkurve der Kids war so groß, dass ich nach dem 3. Training wusste, dass alles gut werden würde. Ich war ein wenig stolz auf das Trainerteam und die Kids.
Show Time!
Dann kam das Turnier mit riesigen Schritten auf uns zu. Ich habe die Uber Arena am Dienstag 17. September betreten. Da begann gerade der Aufbau. Schließlich wurde während des Laver Cups auch der Uber Platz zum Tennis Festival Gelände mit einem Sponsoren Village und riesiger Mini Court Areal. Nun hatte ich eine konkrete Vorstellung was die Kids erwartete. Spektakulär. Ich klärte noch einige Details mit den Turnierverantwortlichen und den Schiedsrichtern. Dann konnte es los gehen.
Am ersten Tag war totales Chaos. Der erste Tag, Donnerstag, 18. September war als Open Practice Day angesetzt. Quasi eine Art Generalprobe zu der 3.000 Kids aus Berliner und Brandenburger Schulen eingeladen wurden. Für die Ballkids und mich ein wahres Geschenk. Hieß das doch, dass wir eine Trainingssession unter Live-Bedingungen hatte. Die brauchten wir auch. Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob man auf einem beliebigen Tennisplatz seine Ballkids Aktivitäten macht oder in einer riesigen Halle voll mit Menschen. Die Nervosität war so krass. Man konnte die Luft schneiden. Nervosität braucht es, um Top Performance abzurufen.
Wir hatten 4 Teams à 6 Kids mit festen Positionen. Nach jedem Satz rotierten die Teams. Jedes Team hatte seinen Team-Lead. Die Kids wussten was zu tun war. Sie waren top vorbereitet. Bis in die Fingerspitzen motiviert.
Die Kids haben abgeliefert.
Der ganze Schweiß, die ganzen Trainings, die Autofahrten, die die Kids und ihre Eltern auf sich genommen haben. Alles hat sich gelohnt für ein unvergessliches Erlebnis.
Es war so cool mitzuerleben, wie sich die Kids in ihrer Aufgabe verwirklicht haben und immer sicherer wurden. Während der erste Auftritt noch voller Nervosität war, wurde es immer mehr zur Normalität, vor 15.000 Menschen aufzutreten. Es war in den allermeisten Fällen ein perfekter Auftritt. Der Schiedsrichter musste so gut wie nie einschreiten. Natürlich sind Fehler passiert. Aber das war nicht schlimm. Die Kids haben mit so herausragendem Team Work brilliert, dass jeder Fehler ausgemerzt wurde.
Ich hatte einen easy Job. Die Kids haben gegenseitig aufeinander aufgepasst, sich an ihre Einsatzzeiten erinnert, sich gegenseitig Feedback gegeben. Ich war im Hintergrund, immer da, wenn ich gebraucht wurde.
Drei Highlights für die Ewigkeit
Der absolute Highlight Moment war jener als Roger Federer in den Ballkids Raum kam. Einer der größten Tennisspieler aller Zeiten hat selbst mal als Ballkind begonnen und wollte sich für die großartige Arbeit bedanken. Das war mein Moment endlich ein Selfie mit Roger zu bekommen. DANKE ihr lieben Ballkid! Ohne euch hätte das nicht geklappt.
Wir hatten unseren Tschaka Schrei. Ich hab LAVER geschrien und die Kids CUP. Wann immer es möglich war haben wir diesen Schrei praktiziert. Zum Treffpunkt am Uber Platz, in der Uber Arena. Anfangs war es den Kids peinlich. Am Ende haben dieses Ritual alle geliebt. Es gehörte dazu. Hat uns zusammen geschweißt und als Einheit auftreten lassen.
Als am Sonntag, 22. September, am Finaltag, vor dem ersten Match das offizielle Video “Road to Ballkids” auf dem riesigen Bildschirm in der Uber Arena lief und parallel 2 der Ballkids interviewt wurden, war das ein sehr besonderer Moment. Schließlich kann sich niemand vorstellen was es bedeutet ein Ballkind beim Laver Cup zu sein. Auch ich konnte mir das bis vor kurzem nicht vorstellen. Hier das Video dazu:
Feedback, das mich abschließend vom Laver Cup Vice President Derek Fisher erreicht hat war der Abschluss eines Traum-Projekts:
„The kids did a super job and we’re glad we could deliver such a memorable experience for them. You played an integral role in making sure Laver Cup Berlin was an incredible success. We were lucky to have you on our team! Let’s stay in touch.“
DANKE an alle Beteiligten!
Das COACH TEAM – Sophie, Melina, Natalia, Steffen, Alex, Tanya, Steven, Petra, John, Maria, Timo, Jan, Ulli, Sunna, Sissy und Cleo.
Die BALLKIDS – Jakub, Julius, Leopold, Mark, Samuel, Arthur, Hugo, Jaro, Max Juri, Louis Dave, Jonathan, Laura, Lily, Miriam, Pia Sophie, Valentina, Malina, Noée, Hanna, Nora, Sarah, Viktoria, Luisa , Sophie, Joseph, Luca und Raphael.
Die Laver Cup Crew – Derek, Mike, Tony, Dave, Ursin und Emily.
Und – Felix, Roland, Lutz und alle die ich vergessen habe.
Es war großartig mit euch.
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